| Bärchenmama |
 Wenn man seinen Chef kennt!
So Wandali - ich hab jetzt alles ein bisschen verdaut und kann es nun auch niederschreiben.
Wenn man seinen Chef kennt, so kann das Vor- aber auch Nachteile haben. Vorweg sei gesagt, dass mein Chef auch krank ist, er hat MS und das spielt bei der ganzen Geschichte eine ganz große Rolle - das will ich deshalb erwähnen, weil ich auf gar keinen Fall in irgendeiner Weise die Krankheit an sich irgendwie schmälern will - es ist eine schlimme Krankheit, es sind Menschen daran gestorben und eine richtige Heilung ist auch noch nicht in Sicht.
Aber die Krankheit spielte bei unserer Arbeit eine ganz große Rolle - weil meine Arbeitskollegin und ich eigentlich von Anfang an das Büro in Eigenregie führten und er eigentlich nur seine Buchhaltung machte. Riefen Mandanten an, so wurden sie gleich an uns weitergegeben bei allen Problemen, sei es Lohn oder Buchhaltung - für Auskünfte und zwar richtige waren wir beide zuständig. Es kam aber, wie es immer mal kommen muß, wenn man sich bei alt eingesessenen Mandanten nicht auch mal um neue bemüht, weil das Büro ja auch so läuft - wegen Altergründen und Nachfolgemangel fiel der ein oder andere Mandant weg.
Wir wurden von ihm um Lösungsvorschläge gebeten, die er auch von uns bekam - bei Mandanten, die nur die Löhne machen lassen, fragen wie es mit der Buchhaltung aussieht. Steuerberater anschreiben und fragen ob man die Buchhaltungen bei zuviel Arbeit übernehmen kann. Ich weiß nicht, was wir noch alles vorgeschlagen haben. Passiert ist nix, wie er dann anschließend sagte, hat er von uns erwartet, dass wir diese Aufgabe übernehmen. Wir sagten uns jedoch, das ist Chefsache, wir sind schließlich nur angestellt und haben sonst keinerlei Befugnisse, schließlich können wir ja auch keine unangenehmen Mandanten rausschmeißen, im Gegenteil, wenn die Mandanten sich mokierten, weil sie mal einen Tag länger auf ihre Sachen warten mußten (z.B. weil die nötige Software nicht aktuell war und wir die nicht aufspielen durften) mußten wir noch Entschuldigungsschreiben an sie schicken und wehe, wir taten das nicht.
Dann trat ein Steuerberater, der im gleichen Dorf wie er wohnt an ihn heran, ob er nicht seine Leute an ihn ausleihen würde, weil er nicht wisse wohin mit der Arbeit. Wir sagten, dass wir gerne die Buchhaltungen machen würden, wenn diese bei uns im Büro gemacht würden, weil keine von uns wollte zwei Chefs haben, so sollte es aber wohl laufen, nur, dass unser Chef das Geld für unsere "Auswärtstätigkeit" einkassiert hätte. Das wir aber dann an zwei Stellen hätten sehen müssen, wie wir das mit Urlaub hinkriegen und wir auch noch unsere Stunden verlängern sollten - für mich hätte das mehr Kindergartengeld bedeutet, weil mein Sohn nur für halbe Tage angemeldet ist - wir aber deswegen nicht mehr Geld bekommen hätten, haben wir auch diese Ausleihe nicht mitmachen wollen. Ich begann daraufhin, mich zu bewerben - leider vorerst ohne Erfolg und dann kam der Tag Ende November, an dem er auf einmal sagte, er habe meine Kollegin schon ein ganzes Jahr durchgeschleppt und es sei so nicht mehr tragbar. Wir machten ihm den Vorschlag, beide unsere Arbeitszeit zu verkürzen (ich wollte nicht sagen, dass ich mich bewarb) und er versprach uns, mit uns nochmal darüber zu reden. Leider erhielt meine Kollegin ihre Kündigung am nächsten Tag (ein Samstag) per Einschreiben. Das traf sie sehr hart, weil sie in dieser Zeit vor einem Jahr ihren Mann verloren hatte und sie nicht damit gerechnet hat - genau so wenig wie ich - das sie gekündigt würde. Sie wurde daraufhin krank, ich kann es verstehen, weil ich bin mit solchem Hass auf die Arbeit und vor allem hatte ich jetzt soviel zu tun, dass ich nicht wußte, wo ich anfangen sollte und logischer Weise konnte ich nicht die Arbeit von zwei übernehmen. Trotzdem habe ich im Dezember geackert und gerödelt, damit die Leute, die ja nix dafür konnten, alle pünktlich ihre Sachen bekamen. Und dann endlich bekam ich Bescheid, dass ich eine Stelle bei einem Steuerberater haben könne. So konnte ich noch vor Weihnachten kündigen.
Damit ist die Sache ausgestanden? Weit gefehlt, dadurch, das wir uns auch privat kannten fing meine Durststrecke erst so richtig an. Es ist ein Großraumbüro und wir sassen alle darin - ich wurde morgens gerade mal so begrüßt, und wenn ein Telefonat kam, wurde lediglich verbunden und ich bekam nichtmal gesagt, wer dran ist. Beim Nachhause gehen wurde mir nicht Tschüss gesagt und ich bekam auch wichtige Faxe und Nachrichten nicht mehr mitgeteilt. Dadurch sind natürlich auch Fehler passiert, die er mir ankreiden konnte - habe ich gesagt, dass ich das Fax oder die Nachricht nicht bekommen hab, so sagte er, dass er mir alles auf den Tisch gelegt habe und wenn es weg sei, so habe ich das weggetan. So ging das also den restlichen Dezember und Januar. Ich habe ihm auch einmal gesagt, dass er sich benehmen würde, wie ein eingeschnapptes Kind. Zum Schluß wollte ich einfach nur noch raus und hab die Stunden und Minuten gezählt. Am letzten Tag dann wollte ich meine Papiere inklusive Zeugnis haben - und er sagte mir, es sei noch nicht fertig. Ich solle Montag nochmal kommen, vielleicht wäre es dann fertig. Samstags bekam ich dann meine Papiere mit Einschreiben - soll ich nochwas zu dem Zeugnis sagen? Das Zeugnis war eine Frechheit sondergleichen und ich hab ihm per Email mitgeteilt, wenn er mir das Zeugnis nicht bis Montag ändere, wo ich es mir dann um die und die Uhrzeit abholen würde, so ging dieses mir ausgehändigte Zeugnis an meinen Rechtsberater und das Arbeitsgericht.
Ich konnte mir Montags mein geändertes Zeugnis holen und damit ist für mich jetzt dort alles erledigt - inklusive der privaten Bekanntschaft. Schade, dass etwas so enden muß - und ehrlich gesagt, ich habe schon ein paar Stellen gehabt - aber so etwas ist mir in meiner Berufspraxis noch nie passiert und ich hoffe, dass es mir auch nie mehr passieren wird.
Und was das ganze mit seiner Krankheit zu tun hat? Die Mandanten haben uns mehrmals auf ihn angesprochen, wie schlecht er aussehe und wie schlecht er laufen könne - wir haben sie immer beruhigt. Allerdings haben wir selbst gemerkt, das sein Gedächnis stark nachläßt und haben versucht das vor den Mandanten zu vertuschen und sind für ihn in die Bresche gesprungen, wenn er direkt von ihnen auf ein Problem angesprochen wurde. Aber gedankt bekommen haben wir es nicht - oder doch, meine Kollegin mit der Kündigung und ich mit diesem Zeugnis, dass er mir erst ändern wollte, nachdem ich ihm mit einem Rechtsbeistand gedroht habe. So, das wars dann erstmal. |
